Zusammen wirken

Am 15. April fand wieder im Kommhaus in Bad Aussee der zweite Workshop im Rahmen des Prozesses „Palmen im Ausseerland“ statt. Aufbauend auf den Ergebnissen des ersten Workshops im Februar haben sich die Teilnehmer*innen zunächst noch einmal mit ihren Zielen beschäftigt für die von ihnen formulierten Ziele nach Kausalketten gesucht: wovon werden ihre Ziele beeinflusst und was wiederum beeinflusst die Erreichung der Ziele in anderen Bereichen?

Dabei ging es diesmal deutlich systematischer zu als im Februar. Begleitet von Nathalie Spittler und Daniel Körner von der Universität für Bodenkultur in Wien entwickelten die 15 Teilnehmer*innen, die diesmal gekommen waren, wieder in vier neu zusammen gesetzten Gruppen an konkreten, von ihnen definierten Themen gearbeitet.

Zunächst aber ging es wie gesagt um die Ziele und die Frage, wie diese ihrer Einschätzung nach vom Klimawandel beeinflusst werden. 

Und: welche „Systeme“ die Erreichung ihrer Vision am meisten beeinflussen. Was zunächst recht theoretisch und abgehoben klingt, hat sehr praktische und handfeste Gründe, die es sinnvoll machen, sich damit zu beschäftigen:

Alle Teilnehmer*innen bringen aus ihren Arbeits- und Lebensbereichen viele Erfahrungen und eine große Expertise in den Prozess ein. Damit verbunden sind aber auch die Erfahrung von Hindernissen und Ent-Täuschungen bei der Verwirklichung und Umsetzung ihrer Ziele. Deshalb ist scheint es uns wichtig, diese Ziele so gut wie möglich zu schärfen, und  noch wichtiger, sich klar zu machen, wie die Ziele der Einzelnen mit einander in Beziehung stehen. Wenn das gelingt, gelingt es relativ leicht, Mittel und Wege zu finden, die Ziele aller Einzelnen gemeinsam zu verfolgen und so mehr Power in die gemeinsame Zielerreichung zu stecken.

Als vier konkrete Ziele, die an diesem Tag bearbeitet werden sollten, formulierte die Gruppe:

  • die regionale Wertschöpfung zu erhöhen
  • die Anzahl der Bauernhöfe zumindest nicht weiter sinken zu lassen
  • ehrenamtliche Tätigkeiten zu stärken und
  • lernen unter Berücksichtigung von Mensch und Individuum.

Zu jedem dieser Ziele wurde dann jeweils ein Ursachen-Wirkungs-Diagramm („Causal Loop Diagramm“) erarbeitet, das dann im Nachgang vom Projektteam verfeinert und zu einem Gesamtbild zusammen gefasst wurde. Hier zunächst das Ergebnis am Ende eines arbeitsreichen Workshoptages.

Dabei wurde in einer Gruppe, die sich mit dem System „Gemeinschaft“ beschäftigen wollte, heraus gearbeitet, wie wichtig „Begegnungen mit einladenden Strukturen“* für das Ehrenamt sind, aus denen sich „Freundschaften“ und daraus weitergehend „Wertschätzung“ entwickelt, die wiederum die „Bereitschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten“verstärkt. Wenn man sich fragt, warum es derzeit vielleicht zu wenig ehrenamtliche Tätigkeiten verübt werden, kann man die beiden Loops auch anders herum lesen, denn eine sinkende Bereitschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten würde Begegnungen mit einladenden Strukturenreduzieren, aus denen sich weniger Freundschaften und daraus weniger Wertschätzung entwickelt, die wiederum die  Bereitschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten

Ein von der zweiten Gruppe genanntes Ziel, die sich mit dem Thema Landwirtschaft beschäftigte,  ist die „Anzahl der Höfe“, gemeint sind Bauernhöfe. Diese erhöhe sich mit einer Steigerung der „Direktvermarktung“, was wiederum die Anzahl der Höfe positiv beeinflusst – ein klassischer sich selbst verstärkender Prozess. Gleichzeitig würde mehr Direktvermarktung denPreis für Produkte und so die Arbeitsbedingungen und Einkommen verbessern/erhöhen, was sich wiederum über die „Wettbewerbsfähigkeit“ positiv auf die Anzahl der Höfe auswirkt. Andererseits verringere eine „industrielle Landwirtschaft“ die Preise und damit Wettbewerbsfähigkeit und Anzahl der Höfe.

Eine dritte Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema regionale Wirtschaft. Als Ziel formulierte sie die „regionale Wertschöpfung“. Diese werde von „interessanten regionalen Produkten“, „verfügbaren qualifizierten Mitarbeiter:innen“ und  „ungewöhnlichen Geschäftsmodellen“ positiv beeinflusst. Die interessanten regionalen Produkte kämen einerseits aus der Landwirtschaft – und somit aus dem oben beschriebenen Zkylus, würden aber auch von „Macher*innen“ kreiiert. Schließlich spiele auch die lokale Gastronomie eine Rolle, die wiederum die Nachfrage nach interessanten regionaler Produkten steigern können.

 Eine vierte Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema „Bildung“. Als Ziel wurde von den Teilnehmer:innen „lernen unter Berücksichtigung von Mensch und Individuum“ formuliert. Hier finden sich positive Wirkungen auf den zum Thema ehrenamtliche Tätigkeiten formulierten Treiber Wertschätzung und sowie die für die regionale Wertschöpfung relevante Wahrnehmung und Wertschätzung der Umgebung. 

Das sind nur einige von den Teilnehmer*innen gefundenen Zusammenhänge, die Nathalie und Daniel dann später in das Computerprogramm Vensim eingegeben haben

und an denen wir beim nächsten Workshop (am 6. Mai 2023 wieder im Kommhaus in Bad Aussee) weiter gearbeitet haben, dessen Ergebnisse wir hier dokumentieren.

* Die kursiv und in „Anführungszeichen“ gesetzten Begriffe wurden jeweils von den Teilnehmer*innen so formuliert.

Zum weiterlesen: Artikel im Newsroom des Kommhaus in Bad Aussee.

Fritz Hinterberger

Jg. 1959, studierte Volkswirtschaftslehre an der Johannes-Kepler-Universität Linz und promovierte an der Justus-Liebig Univesität Gießen. 1985-1991 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Stipensdiat der deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit 1985 Lehrbeauftragter an Universitäten im In- und Ausland. 1993-2000 Mitarbeit am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Leiter der Arbeitsgruppe kologische Ökonomie und Ökologische Wirtschaftspolitik. 1999-2020 Gründungspräsident des Sustainable Europe Research Institute (SERI). Seit 2019 Senior Scientist an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Arbeitsschwerpunkte: Ecological Economics, Scenarios for sustainable economies and societes, Lebensqualitätsforschung. Seit 2019 Vizepräsident des Austrian Chapter des Club of Rome.

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